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bdew-Lagebericht zum Krieg in der Ukraine und der Folgen für die Energiewirtschaft

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Autor: Redaktion

(Bild: Adobe Stock/Maksym Yemelyanov)

10. März 2022 | Die Folgen des russischen Einmarsches in die Ukraine spürt auch Deutschland. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat in einem Lagebericht die Folgen für die Energiewirtschaft zusammengefasst. Zudem nimmt der BDEW Stellung zu den aktuellen Diskussionen über ein Embargo bzw. einen Stopp von Energielieferungen aus Russland über Nord Stream 1 geäußert.

In seinem Lagebericht (Stand 28. Februar 2022) gibt der BDEW einen ersten Ausblick auf die anstehenden notwendigen Schritte, um die Energieversorgung in herausfordernden Zeiten sicher zustellen.

Russland liefert mehr als 50 % des in Deutschland verbrauchten Erdgases. Kurzfristig ausfallende Lieferungen stellen damit eine Herausforderung dar. Die Energiewirtschaft geht davon aus, dass sie in diesem Winter ihre Gaslieferverpflichtungen unabhängig von Lieferungen aus Russland erfüllen kann. Aktuell sind die deutschen Gasspeicher zu rund 30 % gefüllt. Unabdingbares Ziel sei es, mit ausreichend gefüllten Gasspeichern in den nächsten Winter zu gehen und dies auch nachhaltig sicherzustellen.

Ausblick zur Versorgungssicherheit:

  • Insgesamt werden mittelfristig vor allem der massive Ausbau Erneuerbarer Energien, eine diversere Beschaffungsstruktur und der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bedeutsam für eine auf diversifizierten Energieströmen basierende Versorgungssicherheit sein, um unabhängig von fossilen Energieträgern zu werden. Hierbei wird die Energiewirtschaft eine treibende Rolle spielen.
  • Dabei muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien und der dazugehörige Aus- und Umbau der Netzinfrastruktur – auch bei Abwägungsprozessen – absolute Priorität haben. Hemmnisse insbesondere bei der Genehmigung und Realisierung von Projekten müssen der Vergangenheit angehören. Wenn wir unsere Energieversorgung resilienter und unabhängiger machen wollen, dann muss der Ausbau der Erneuerbaren Energien in einem Tempo und Maße zulegen, welches wir in Deutschland bis dato nicht kennen.
  • Der bereits begonnene Transformationspfad der Gaswirtschaft hin zur Klimaneutralität wird in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen wichtiger denn je. Es gilt diesen Prozess zu beschleunigen und erforderliche politische Rahmenbedingungen zu schaffen. Dabei ist der Hochlauf von Wasserstoff von zentraler Bedeutung, sein Bezug muss von Anfang an diversifiziert gestaltet werden. Die Realisierung heimischer und europäischer Produktionsstätten ist ebenso wichtig und notwendig wie das Entstehen eines globalen (Commodity-) Marktes für grünen Wasserstoff und Wasserstoffderivate. Für den Aufbau der Infrastruktur für Erneuerbare und dekarbonisierten Wasserstoff bedarf es auch weniger Restriktionen. Zudem braucht es schnell eine entschlossene europäische Wasserstoffstrategie.
Zum Lagebericht

Stellungnahme zu steigenden Energiepreisen und Energieembargo

Der BDEW fordert mit Blick auf die steigenden Energiepreise weitere Entlastungsschritte für Haushalte und Wirtschaft. Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: „Der Druck auf die Strom- und Gaspreise ist aufgrund des Krieges in der Ukraine enorm. Hinzu kommt, dass die Großhandelspreise bereits vor Kriegsausbruch auf einem außergewöhnlich hohen Niveau lagen. Das verteuert für die Energieversorger die Beschaffung von Strom und Gas ganz erheblich. Die Politik muss hier alle Optionen prüfen, wie die Bürgerinnen und Bürger entlastet werden können. Die heute vom Bundeskabinett verabschiedete Abschaffung der EEG-Umlage ist dabei ein wichtiger Schritt, aber es sollten auch alle weiteren Optionen geprüft werden, beispielsweise die Senkung der Mehrwertsteuer auf Energie von 19 auf 7 Prozent und die Senkung der Stromsteuer auf das europäisch zulässige Mindestmaß. Für einkommensschwache Haushalte sollten darüber hinaus weitere sozialpolitische Unterstützungen gewährt werden. Die Herausforderungen sind außergewöhnlich, daher bedarf es auch außergewöhnlicher Maßnahmen, um die Haushalte vor explodierenden Kosten zu schützen und die Handlungsfähigkeit der Unternehmen zu sichern.“

Energieverbrauch nach Möglichkeit reduzieren

Als richtigen Impuls bewertet Andreae den heutigen Aufruf der Präsidentin der Europäischen Kommission an die Bürgerinnen und Bürger der EU, wo möglich Energie einzusparen. „Ursula von der Leyen hat Recht: Wir alle können dazu beitragen, die Abhängigkeit von russischem Erdgas, Öl oder Steinkohle zu reduzieren. Je geringer der Energieverbrauch, desto geringer die Nachfrage nach Energieträgern aus Russland. Viele haben die Möglichkeit, Energie zu sparen und sollten dies auch machen. Für Effizienz in Gebäuden und im Verkehr wie auch bei Wirtschaft und Industrie ist neben dem, was an Maßnahmen voran getrieben werden kann auch staatliche Unterstützung wie Sanierungsprogramme und Vorgaben für Neubau und öffentliche Gebäude sinnvoll.

Andreae weist aber angesichts der aktuellen Debatten über ein Embargo für russische Energielieferungen auf unabsehbare Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft hierzulande hin: „Es ist absolut verständlich, dass angesichts des Ukraine-Krieges drastische Forderungen aufgestellt werden. Ein Embargo für Energielieferungen aus Russland allerdings hätte massive negative Auswirkungen auf unsere Wirtschaft und auch auf die Verbraucherinnen und Verbraucher. Bei jeder Maßnahme muss abgewogen werden, ob sie nicht zu untragbaren Verwerfungen führt. Wir können den Import russischen Erdgases Stand heute nur zum Teil ersetzen. Alternativen wie Flüssigerdgas können helfen, fehlende Mengen auszugleichen. Auch Optionen wie zum Beispiel Biogas stehen aber nur begrenzt zur Verfügung. Der Aufbau von zwei LNG-Terminals, die Erhöhung der Importmenge aus anderen Ländern und eine nachhaltige Sicherung der Füllstände in den Gasspeichern sind unabdingbar.“

Schneller Netzausbau und Wasserstoff-Hochlauf gefordert

Dauerhaft unabhängiger zu werden, heiße aber auch, jetzt sämtliche Weichen in Richtung Ausbau der Erneuerbaren zu legen und die Hemmnisse auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu beseitigen. „Alle Akteure müssen an einen Tisch und zusammenarbeiten. Es muss so schnell wie möglich mehr Fläche für Erneuerbare-Energien-Anlagen ausgewiesen werden. Und es muss sichergestellt sein, dass das Ziel, 2 Prozent der Flächen in Deutschland für regenerative Energieerzeugung bereitzustellen, auch wirklich vollständig geschafft wird und nicht im Verfahrensweg schrumpft. Im Wärmesektor wird eine beschleunigte Altbausanierung und die Ablösung fossiler Technologien durch klimaneutrale Systeme jetzt noch wichtiger. Zudem müssen die Bedingungen für Netzausbau und Wasserstoff-Hochlauf schnellstens verbessert werden. Das Motto kann jetzt nur noch heißen: Beschleunigung jetzt!“

(Quelle: BDEW)

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