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Forscher gewinnen Wasserstoff aus Luftfeuchtigkeit

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Autor: Magnus Schwarz

16. Januar 2023 | Chemieingenieure der ETH Lausanne (EPFL) haben ein solarbetriebenes Gerät entwickelt, das Wasser aus der Luft aufnimmt und in Wasserstoff umwandelt. Die dafür nötige Technologie lässt sich laut den Forschern einfach herstellen.

Ein Gerät, das Wasser aus der Luft auffängt und Wasserstoff als Treibstoff liefert – und dabei ausschließlich mit Sonnenenergie betrieben wird – ist schon seit Jahrzehnten ein Traum der Wissenschaft. Nun sind der EPFL-Chemieingenieur Kevin Sivula und sein Team dieser Vision dnähergekommen.

Sie haben laut Medienberichten der EPFL ein System entwickelt, das eine auf Halbleitern basierende Technologie mit neuartigen Elektroden kombiniert, die zwei wichtige Eigenschaften aufweisen: Sie sind porös, um den Kontakt mit dem Wasser in der Luft zu maximieren, und transparent, um die Sonneneinstrahlung auf die Halbleiterbeschichtung zu maximieren. Wenn das Gerät dem Sonnenlicht ausgesetzt wird, extrahiert es Wasser aus der Luft und erzeugt Wasserstoffgas. Die Ergebnisse wurden am 4. Januar 2023 in Advanced Materials veröffentlicht.

Innovativ sind die neuartigen Gasdiffusionselektroden, die transparent, porös und leitfähig sind. Sie ermöglichen die solarbetriebene Technologie zur Umwandlung von Wasser – in seinem gasförmigen Zustand aus der Luft – in Wasserstoffkraftstoff.

“Um eine nachhaltige Gesellschaft zu verwirklichen, brauchen wir Möglichkeiten, erneuerbare Energie in Form von Chemikalien zu speichern, die in der Industrie als Brenn- und Einsatzstoffe verwendet werden können. Solarenergie ist die am häufigsten vorkommende Form erneuerbarer Energie.

 

Wir streben danach, wirtschaftlich wettbewerbsfähige Verfahren zur Herstellung von Solartreibstoffen zu entwickeln”, sagt Sivula vom EPFL-Labor für Molecular Engineering von optoelektronischen Nanomaterialien und Hauptautor der Studie.

Inspiration durch das Blatt einer Pflanze

Bei ihrer Forschung nach erneuerbaren, fossilfreien Kraftstoffen ließen sich die EPFL-Ingenieure in Zusammenarbeit mit Toyota Motor Europe von der Art und Weise inspirieren, wie Pflanzen in der Lage sind, Sonnenlicht mit Hilfe von Kohlendioxid aus der Luft in chemische Energie umzuwandeln.

Eine Pflanze nimmt Kohlendioxid und Wasser aus ihrer Umgebung auf und kann diese Moleküle mit zusätzlicher Energie aus Sonnenlicht in Zucker und Stärke umwandeln. Dieser Prozess heißt Photosynthese. Die Energie des Sonnenlichts wird in Form von chemischen Bindungen in den Zuckern und Stärken gespeichert.

Die von Sivula und seinem Team entwickelten transparenten Gasdiffusionselektroden wirken, wenn sie mit einem Licht sammelnden Halbleitermaterial beschichtet sind, laut EPFL wie ein künstliches Blatt, das Wasser aus der Luft und Sonnenlicht aufnimmt, um Wasserstoffgas zu erzeugen. Die Energie des Sonnenlichts wird in Form von Wasserstoffbrückenbindungen gespeichert.

Anstatt Elektroden aus herkömmlichen, für das Sonnenlicht undurchsichtigen Schichten zu bauen, besteht ihr Substrat aus einem dreidimensionalen Netz aus gefilzten Glasfasern.

Marina Caretti, Hauptautorin der Arbeit, sagt:

“Die Entwicklung unseres Prototyps war eine Herausforderung, da transparente Gasdiffusionselektroden bisher noch nicht demonstriert wurden und wir für jeden Schritt neue Verfahren entwickeln mussten.

 

Da jedoch jeder Schritt relativ einfach und skalierbar ist, denke ich, dass unser Ansatz neue Horizonte für eine breite Palette von Anwendungen eröffnen wird, angefangen bei Gasdiffusionssubstraten für die solarbetriebene Wasserstofferzeugung.”

Von flüssigem Wasser zu Feuchtigkeit in der Luft

Sivula und andere Forschergruppen haben bereits gezeigt, dass es möglich ist, eine künstliche Photosynthese durchzuführen, indem sie mit Hilfe einer so genannten photoelektrochemischen Zelle (PEC) aus flüssigem Wasser und Sonnenlicht Wasserstoff als Brennstoff erzeugen. Eine PEC-Zelle nutzt einfallendes Licht, um ein lichtempfindliches Material wie einen Halbleiter, der in eine flüssige Lösung getaucht ist, zu einer chemischen Reaktion anzuregen.

Für praktische Zwecke hat dieses Verfahren jedoch einige Nachteile. So sei es kompliziert, großflächige PEC-Geräte herzustellen, die eine Flüssigkeit verwenden.

Sivula wollte zeigen, dass die PEC-Technologie stattdessen für die Gewinnung von Feuchtigkeit aus der Luft angepasst werden kann, was zur Entwicklung ihrer neuen Gasdiffusionselektrode führte. Es wurde bereits gezeigt, dass elektrochemische Zellen (z. B. Brennstoffzellen) mit Gasen anstelle von Flüssigkeiten funktionieren, aber die bisher verwendeten Gasdiffusionselektroden sind undurchsichtig und nicht mit der solarbetriebenen PEC-Technologie kompatibel.

Nun konzentrieren sich die Forscher dem Institut zufolge darauf, das System zu optimieren. Was ist die ideale Fasergröße? Die ideale Porengröße? Die idealen Halbleiter und Membranmaterialien? Diesen Fragen geht das EU-Projekt “Sun-to-X” nach, das diese Technologie vorantreiben und neue Wege zur Umwandlung von Wasserstoff in flüssige Kraftstoffe entwickeln soll.

 

(Quelle: Hillary Sanctuary/EPFL/2023)

 

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