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Stellungnahme des Wasserstoffrats zur EEG-Umlage

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Autor: Redaktion

Konferenztisch

Der Nationale Wasserstoffrat hat sich bei seiner Sitzung am 10. Oktober 2020 mit dem Thema „EEG-Umlage für Wasserstofferzeugung“ befasst und ist dabei zu der nachfolgenden Stellungnahme gelangt. Für die Inhalte der Stellungnahme ist der Wasserstoffrat verantwortlich.

Klimaneutraler erzeugter Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein, um die deutschen und europäischen Klimaschutzziele zu erreichen. Das gilt insbesondere für das Ziel der Klimaneutralität, aber auch für die im Green Deal der Europäischen Union für 2030 angestrebten höheren Treibhausgasemissionsminderungen.

Damit klimaneutral erzeugter Wasserstoff für die Zeithorizonte 2030 und 2050 einen Beitrag zur Emissionsminderung leisten kann, sind neben der Verfügbarmachung von Anwendungstechnologien und dem Ausbau beziehungsweise der Anpassung von Infrastrukturen vor allem im Bereich des mit erneuerbarem Strom in Elektrolyseanlagen erzeugten Wasserstoffs und temporär auch anderen treibhausgasneutralen Bereitstellungstechnologien noch deutliche Innovationsfortschritte notwendig.

Diese betreffen einerseits eine Reihe technologischer sowie ökonomischer Herausforderungen, hier vor allem die massive Senkung der Anlagenkosten und die Integration der Technologien zu einem nachhaltigen System der Energieversorgung.

Wenn die deutschen und europäischen Ausbauziele für Elektrolyseanlagen umgesetzt werden, dann können signifikante Beiträge zur globalen Kostendegression erbracht werden. Die entsprechenden Investitionen bedürfen finanzieller und regulativer Flankierung. Andererseits bilden die Stromkosten den zentralen Kostenfaktor für die Herstellung von Elektrolysewasserstoff. Das inzwischen erreichte Kostenniveau für großskalige regenerative Stromerzeugung eröffnet zunehmend attraktive Versorgungsoptionen. Das bestehende System von Steuern, Abgaben und Umlagen (Stromsteuer, diverse Umlagen etc.) mit seiner asymmetrisch hohen Belastung von Strom verhindert jedoch den Stromeinsatz für viele strombasierte Energiewendetechnologien. Dazu gehört auch und besonders die Erzeugung von Wasserstoff in Elektrolyseanlagen. Bis eine, von allen Beteiligten befürwortete, umfassende Reform der Steuern, Abgaben und Umlagen Wirkung zeigt, ist (unter anderem) eine schnell umsetzbare Flankierung der Herstellung von grünem Wasserstoff im Bereich der Stromkosten unverzichtbar. Eine große Bedeutung kommt darüber hinaus der gleichzeitigen Schaffung rechtlicher Voraussetzungen für die Umstellung bestehender Gasinfrastruktur auf Wasserstoff zu.

Gleichzeitig ist der regulative Rahmen für eine Flankierung der Wasserstofferzeugung auf der Stromkosten- wie auch auf der Absatz- beziehungsweise Nachfrageseite derzeit noch in der Entwicklung. Insbesondere die konkrete Definition der Bedingungen für die Anerkennung von strombasierten Kraftstoffen im Rahmen der EU-Erneuerbaren-Richtlinie, die erhebliche Ausstrahlungswirkungen auch in andere Anwendungsbereiche haben kann, wird erst zu Ende 2021 verfügbar sein. Auch der für Stromkostenentlastungen zentrale EU-Beihilferahmen für Staatliche Energie- und Umweltbeihilfen ist für die 2020er Jahre noch nicht fixiert. So ist die Abgrenzung von grünem Wasserstoff, also aus Elektrolyseanlagen, die mit aus erneuerbaren Energien erzeugtem Strom betrieben werden, derzeit nicht mit der notwendigen Robustheit möglich.

Die aktuelle Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes bietet gleichwohl eine Chance, die Rahmenbedingungen für einen sehr schnell beginnenden Markthochlauf der Wasserelektrolyse deutlich und auf pragmatische Weise zu verbessern.

Eine zentrale Rahmenbedingung für die Sicherung der klimapolitischen Integrität dieses Markthochlaufs ist die Verfügbarkeit des dafür benötigten zusätzlichen regenerativen Stroms1 durch einen entsprechenden zusätzlichen Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und der notwendigen Flexibilitätsoptionen. Der Nationale Wasserstoffrat hält es daher für sinnvoll und notwendig, die im §1 EEG gesetzlich fixierten Ausbauziele und -pfade für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien so zu erhöhen, dass der für Wasserelektrolyseanlagen notwendige, zusätzliche Strombedarf damit abgedeckt werden kann. Nur damit wäre abgesichert, dass die Verwendung des im Markthochlauf erzeugten Elektrolysewasserstoffs bereits für den Zeitraum bis 2030 einen signifikanten und notwendigen Beitrag zur Minderung von Treibhausgasemissionen erbringt.

Die volle Belastung des zum Betrieb von Wasserelektrolyseanlagen benötigten Stroms mit der Umlage des Erneuerbare Energien Gesetzes (EEG) würde die Kosten des erzeugten Wasserstoffs in eine Höhe treiben, in der viele Anwendungen unwirtschaftlich wären, wenn über andere Instrumente kein umfangreicher Ausgleich geschaffen würde. Der Nationale Wasserstoffrat hält es daher für sinnvoll und notwendig, den in Elektrolyseanlagen (inklusive der notwendigen Nebenanlagen) eingesetzten Strom für den Markthochlauf vollständig von der EEG-Umlage zu befreien.

Für Investoren in Wasserelektrolyseanlagen ist es wichtig, vor der Investitionsentscheidung und für den üblichen Amortisationszeitraum der Anlage (20 Jahre) Sicherheit zur EEG-Umlagebefreiung zu haben. Der Nationale Wasserstoffrat fordert daher die Bundesregierung auf, schnellstmöglich eine Klärung möglicher beihilferechtlicher und eventuell auch verfassungsrechtlicher Fragen herbeizuführen. Er weist gleichzeitig darauf hin, dass eine Reduktion der Kosten aus der EEG-Umlage im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung als Rückfalloption möglich wäre, dafür jedoch einige Anpassungen dieser Regelung für Wasserelektrolyseanlagen notwendig wären. Dazu gehört: Abstellung der Befreiung auf den Prozess „Herstellung von Wasserstoff durch Wasserelektrolyse“ sowie die möglichst weitgehende Absenkung des Selbstbehaltes, um nicht implizit kleinere Anlagen zu diskriminieren und eine Akteursvielfalt zu ermöglichen. Die EEG-Umlagebefreiung sollte im Rahmen der beihilferechtlichen Möglichkeiten erstens bereits zum Investitionszeitpunkt der Projekte rechtssicher zugesagt, zweitens ab Inbetriebnahme der Anlage wirtschaftlich wirksam werden können, drittens nicht jährlich neu beantragt werden müssen sowie viertens auch für die Erzeugung des Wasserstoffs zulässig sein, der in öffentliche Energienetze eingespeist wird.

Gleichzeitig muss der wirtschaftliche Transport ermöglicht werden (zum Beispiel indem auch die der Elektrolyse zugeordnete Verflüssigung beziehungsweise Verdichtung von klimaneutralem Wasserstoff von der EEG-Umlage beihilfekonform befreit wird).

Der Nationale Wasserstoffrat empfiehlt wegen der Eilbedürftigkeit eines schnell beginnenden Markthochlaufs dringend, beihilfekonforme Regelungen zu ermöglichen, mit denen die bestehenden sowie in den nächsten 10 Jahren, mit einer Zwischenüberprüfung in 2025, bis 2030 in Betrieb genommenen Elektrolyseanlagen für 20 Jahre vollständig von den Kosten der EEG-Umlage zu befreien. Der Nationale Wasserstoffrat weist darauf hin, dass auf Grundlage der Nationalen Wasserstoffstrategie eine solche Befreiung nicht zur Mehrbelastung anderer Stromverbraucher und damit auch anderer strombasierter Energiewendetechnologien führen soll.

Es sollten im EEG keine Definition von Anforderungen an den Strombezug getroffen werden. Sonst besteht die Gefahr, sich möglicherweise widersprechender Definitionen für die Grünstromeigenschaft von grünem Wasserstoff im EEG und Verbrauchsregulierungen wie beispielsweise in der RED II.

Mit dem Vorliegen von konkreten Regularien zur Anerkennung von Wasserstoff beziehungsweise wasserstoffbasierten Kraft- und Brennstoffen als erneuerbare Energieträger sowie einem rechtssicheren EU-Beihilferahmen müssen im Zeitverlauf die Anforderungen zur Sicherung der zusätzlichen Klimaentlastungswirkung beziehungsweise der „grünen Eigenschaft“ dieser Energieträger auf der Anwendungsseite sowie in den jeweiligen
Geschäftsmodellen (zum Beispiel mit Blick auf Strombezugsmodelle, sogenannte PPAs) schrittweise umgesetzt werden. Perspektivisch sollte bei neuen Anlagen die Erzeugung von Wasserstoff aus Wasserelektrolyseanlagen oder wasserstoffbasierten Energieträgern vollständig aus regenerativ erzeugtem Strom erfolgen, womit zeitliche, räumliche beziehungsweise bilanzielle Korrelationen zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch Berücksichtigung finden müssen.

Der Nationale Wasserstoffrat wird sich in seiner Arbeit mit den beiden späteren Stufen des hier vorgeschlagenen Drei-Stufenmodells (2020-2025, 2025-2030, ab 2030) intensiver befassen.

In diesem Kontext wird auch die Einbeziehung von zusätzlicher Stromerzeugung aus regenerativen Quellen außerhalb der deutschen Landesgrenze eine Rolle spielen können und müssen.

Nicht nur mit Blick auf die Wasserstofferzeugung bildet eine grundsätzliche Änderung der Finanzierung der erneuerbaren Energien einschließlich der Entlastung der Strompreise von der kompletten EEG-Umlage ein zentrales Element der notwendigen Reform des Systems von Steuern, Abgaben und Umlagen im Energiebereich.

Darüber hinaus sollte durch geeignete Rahmenbedingungen ein flexibler und systemdienlicher Betrieb der Elektrolyseanlagen angereizt werden, sodass eine Befreiung von der EEG-Umlage nicht zu höheren Kosten an anderer Stelle führt und die angestrebten Emissionsminderungen effektiv erreicht werden können.

Neben der Stromkostenentlastung bildet die Flankierung von Investitionen in Wasserelektrolyseanlagen ein wichtiges Element der Markthochlaufstrategie. Der Nationale Wasserstoffrat geht davon aus, dass die Bundesregierung in diesem Kontext die Vermeidung von zusätzlichen Netzengpässen und die Systemdienlichkeit des Anlagenbetriebs angemessen adressieren wird.

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1 Für 2030 kann mit den Ausbauzielen für Elektrolyseanlagen ein Strombedarf von bis zu 30-35 TWh entstehen. Die Nationale Wasserstoffstrategie geht von bis zu 20 TWh aus.

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