19. Februar 2024 | In Albanien haben Forschende des ISTerre der Université Grenoble Alpes eine „massive Quelle“ natürlichen Wasserstoffs in einer Mine entdeckt. Mindestens 200 t nahezu reiner Wasserstoff sollen hier pro Jahr austreten – der höchste Durchfluss, der jemals gemessen wurde. Nun wird geprüft, wie sich das Vorkommen kommerzialisieren lässt und welche Erkenntnisse es der Forschung über sogenannten „weißen Wasserstoff“ liefern kann.
Ein internationales Team hat in einer Chromitmine im Bergwerk Bulqizë in Zentralalbanien ein Reservoir an natürlichem Wasserstoff entdeckt. Der Fundort des auch als „weißen“ oder „goldenen“ bezeichneten Wasserstoffs befinde sich in der Nähe eines der weltweit größten Vorkommens an Chromit, das für die Herstellung von rostfreiem Stahl benötigt wird.
Dass im Bergwerk Bulqizë Wasserstoff austritt, ist bereits seit 1992 bekannt. Damals kam es in der Mine zu drei großen Explosionen. Allerdings seien Menge und Reinheit des vorhandenen Wasserstoffs bisher nie bestimmt worden. Nun haben die Forschenden den „Whirlpool“ erstmals untersucht. Dabei handelt es sich um ein Becken mit heißem Wasser, das fast 1 km unter der Erde liegt und in das stetig wasserstoffreiches Gas strömt.
Das Becken ist ca. 30 m² groß. Es stößt etwa 11 t Wasserstoff pro Jahr mit einer Reinheit von 84 % aus – und das seit mindestens sechs Jahren. Anhand von Luftproben in anderen Schächten und Kavernen errechneten die Forschenden, dass das Bergwerk insgesamt etwa 200 t Wasserstoff pro Jahr freisetze.
Erforschung und kommerzielle Verwendung
Diese beträchtliche natürliche Ausgasung eröffne die Frage nach der Herkunft des Wasserstoffs sowie möglichen wirtschaftlichen Perspektiven. Das Team hofft, den weißen Wasserstoff zu geringen Kosten kommerziell nutzbar machen zu können, Zudem könnten Wasserstoff-Reservoire häufiger sein als bisher angenommen.
Im Vergleich zur weltweiten Wasserstoffproduktion der petrochemischen Industrie (100 Mio. t pro Jahr) ist die in der Mine austretende Menge minimal. Dennoch handle es sich um eines der wahrscheinlich größten Vorkommen weltweit. Hinzu kommt, dass der Wasserstoff in einer gut identifizierten Bruchzone liege. Durch den Bergbau wurde diese Lagerstätte durchlöchert, was zu einem Wasserstoffaustritt an mehreren Stellen in den tieferen Stollen führte.
Die Entdeckung lege zudem den Grundstein für neue Modelle zur Erforschung natürlichen Wasserstoffs. Die Chromitmine Bulqizë sei durch ihren direkten Zugang zum Untergrund ein wichtiges wissenschaftliches Instrument. Mit ihr könne man das Wasserstoffsystem genauer untersuchen und verstehen, wie es zu Bildung und Ansammlung des Gases kommt.
Bisher haben Wissenschaftler bereits Ophiolitische Massive – Mantelgestein aus der ozeanischen Kruste, das auf die Kontinente verdrängt wurde – als hyperalkalische Quellen, in denen sich Wasserstoffblasen bilden, identifiziert. Diese großen und häufigen geologischen Formationen könnten somit potenzielle Orte für „weiße„ Wasserstoffvorkommen sein.
Weißer Wasserstoff ist nicht erneuerbar
Laurent Truche, Geochemiker, der an den Messungen beteiligten Universität Grenoble Alps, glaubt indes, dass das Wasserstoff-Reservoir unter der Mine nur 5.000–50.000 t Wasserstoff aufnehmen könnte. Damit wäre es wahrscheinlich nicht groß genug für eine kommerzielle Nutzung. Das Centre national de la recherche scientifique (CNRS) fügte hinzu:
Die Farben des Wasserstoffs„Es ist noch zu früh, um zu sagen, ob natürlicher Wasserstoff einen bedeutenden Platz in unserem Energiemix einnehmen oder eine Nischenkuriosität bleiben wird. Wir weisen auch darauf hin, dass natürlicher Wasserstoff keine erneuerbare Ressource ist.“